Tradition als Trend?
Wo Tofu ein Klassiker ist und Tropen-Küche gar nicht so verschieden: Diese GastgeberInnen zeigen auf der ersten Kulinarik-Wanderung durch Adelboden, wie moderne Essgewohnheiten und bewährtes Gastro-Handwerk zusammenpassen.
«Ich will Mexiko dorthin bringen, wo man es am wenigsten vermutet – Adelboden ist genau dieser Ort», sagt Till Dossenbach. Der Gastgeber des bald eröffnenden Restaurants «Unico» kredenzt gerade grillierte Riesencrevetten mit Chili-Limetten-Butterschaum. Da mochte sich der Himmel auf der ersten Kulinarik-Wanderung zunehmend bewölkt zeigen, im Mund geht die Sonne auf. Über 50 Teilnehmende sind an diesem Samstagmittag zwischen Dorf und Tschentenalp unterwegs, um spannende Adressen und Gerichte zu entdecken, und bei einer der neun Stationen trifft eben die Aromen-Vielfalt des mittelamerikanischen Landes auf die Engstligtaler Mentalität. Wobei: So gross seien die Unterschiede zwischen mexikanischer und Oberländer Rezepten gar nicht – im Gegenteil: «Beide Küchen sind ehrlich, handwerklich und verwurzelt in regionalen Zutaten.»
Vegan produziert seit 1998
Mit Dossenbachs Ansatz samt glutenfreiem Mais trifft das «Unico» wohl einen Nerv der Zeit. Immer internationaler, aber auch gesundheits- und umweltbewusster wollen Restaurant-BesucherInnen speisen, und die Adelbodner Küchenchefs und ProduzentInnen ziehen vielerorts mit. Das zeigt sich während der Kulinarik-Wanderung bereits bei der warmen Vorspeise des Hotel-Restaurants Schermtanne: Derweil die Wanderlustigen das Auge ins Stiegelschwandtal schweifen lassen, richtet Gastgeber Michael Künzi nebst geräuchertem Schweinebauch eben auch eine Variante mit Frutiger Tofu an. «Die Nachfrage nach vegetarischen und veganen Gerichten wächst auch bei uns», bestätigt dieser. Wobei: So neu ist diese Zutat gar nicht – die Futur Naturprodukte GmbH stellt bereits seit 1998 Tofu, Seitan und Tempeh her…
Fettarm ist der Fisch
Und weiter geht die Reise durch die Geschmackswelt Adelbodens. Dass lokale Pioniere den Trend hin zu Bio-Produkten und nachhaltigem Anbau schon lange vorweggenommen haben, bestätigt auch der Wanderstopp bei den langjährigen Forellen-Züchtern des Blausees. Auf dem Dorfplatz wurde der eiweissreiche, fettarme und leicht verdauliche Fisch von Co-Küchenchef Stefan Jungo mit Honig-Senf-Dill Creme, Fenchel-Knäckebrot und einem Glas Sauvignon blanc serviert – und mit der Erkenntnis, dass das Ganze vor der Alpenkulisse einfach besser schmeckt. Wie Blausee-Geschäftsführer Janis Buergi erklärt, werde der Klassiker im Restaurant auch immer wieder mit neuen «Kompositionen» interpretiert, um den veränderten Bedürfnissen der Gäste nachzukommen. Dennoch: «Bei den Gästen sind die ganze gebratene Blausee-Forelle, das Filet oder auch Knusperli einfach die Renner.» So ist auch dies ein Fazit der Kulinarik-Wanderung: Schön, wenn die Tradition dem Trend entspricht.
„Hier wandern nicht nur Menschen, sondern auch Geschmäcker von gestern in die Küche von morgen.“